Tag 6 – Von Petrovice nach Kryštofovo Údolí

25,2km – 989m hoch – 1000m wieder runter

Das Bett ist mit der einfachsten Schaumstoffmatratze und nur mit einem mit Schaumstoff gefülltem Kissen ausgestattet, aber ich schlafe so gut wie lange nicht. Nachts ist die Straße totenstill. Auch die Kirche gegenüber scheint keine Glocke zu haben. Nur irgendein Hund im Dorf jault wie ein Wolf. Das war schon gestern Abend beim Abendbrot zu hören.

Morgens sind wieder alle im Gastraum versammelt. Wirt und Wirtin wuseln mit dem Frühstück durch die Gegend: Brot, Wurst und Käse, warme Würstchen und ein Klecks Marmelade. Leider, typisch, kein Obst und kein Saft. Kaffee wird beständig aus der Kanne nachgefüllt und ist halbwegs genießbar. Das Wetter sieht gut aus, es verspricht ein paar Regentropfen und etwas Sonne.

Ich starte übers Feld Richtung Popovka skálka (Pfaffenstein, 565m), dem ersten Tagesziel. Der kleine Umweg lohnt, eine nette Kletterei und guter Ausblick sind die Ausbeute.

Dann gehts weiter auf dem Kammweg. Der Weg ist jetzt leichter zu finden, denn ich folge weitgehend dem E3. Vor Horní sedlo biege ich nochmal ab durch ein paar Felsen (horní skály). Dann kommen wieder Bunker. Hunderte stehen davon im Wald.

Es folgen die Elefantensteine, Bílé Kameny. Die beeindrucken mich sehr, ich beginne instinktiv hochzuklettern, als mir einfällt, daß das verboten ist. Das hatte ich zuvor gelesen. Es gibt aber richtige Treppen in den Felsen… es verleidet halt regelrecht dazu. Von weitem sehen die Felsen dann rückblickend wirklich wie Elefanten im Wald aus.

Es folgt ein Stück Weg durch Jítrava, einem Ort, der offenbar nur aus Ferienhäusern besteht. Es ist Samstag und überall startet man ins Wochenende.
Die weiteren Wege führen weitgehend über bewaldete Bergkuppen mit wechselnden Aussichten. Es folgen die Gipfel von Vápenný (Großer Kalkberg, 790m), Zdislavský Špičák (Spitzberg, 688m) und Malý Vápenný (Kleiner Kalkberg, 687m). Man läuft tatsächlich immer oben auf dem Sattel entlang, richtig Sicht hat man aber selten. Ich laufe den Kammweg bis zum Kříšanske sedlo (Kriesdorfer Sattel, 576m) und wiederstehe der Versuchung schon vorher abzukürzen.

Mein Quartier liegt weit unten im malerischen Kryštofovo Údolí (Christophsgrund). Weil Samstag ist, war es auch schwer noch eins zu finden. Überall werkeln Tschechen an ihren Wochenendhütten. Überall stehen teure Autos auf den schon kurz geschorenen Wiesen vor den hübschen Häusern. Oder der Rasenmäher läuft gerade und raspelt alles kurz. In allen Häusern sind die Fenster weit aufgerissen um den Mief der letzten 5 Wochentage aus den Häusern und den Seelen der Leute zu lüften. Meist stehen 2 Autos vor den Häusern: der große A6 quattro S-line und der kleinere Tuareg. Man scheint sich erst hier zu treffen und nichtmal gemeinsam anzureisen.

Der Ort ist typisch tschechisch, aber ungewöhnlich liebevoll gestaltet. Beeindruckend ist die Bushaltestelle mit Bücherregal und Büchern.

Meine Unterkunft ist im Gegensatz dazu die bisher spartanischste der Reise. Ist auch das erste Mal, dass ich den Hüttenschlafsack trotz Bettzeug nutze. Damit das Fenster offen bleibt, verstemme ich einen Kleiderbügel. Die Dusche ist auf dem Gang gegenüber und winzig klein.

Ich treffe auf den auch eben hier angekommenen pensionierten Busfahrer aus Zittau. Er ist heute morgen in Zittau gestartet. Wir essen zusammen und quatschen den ganzen Abend über alles mögliche,  dabei fließen 5 halbe Liter Pilsner Urquell pro Person. Schon um 9 liege ich daher im Bett und schlafe sofort ein. Bis kurz nach Mitternacht sogar recht gut, dann werde ich wach. Der Mond, der murmelnde Bach vorm Haus oder das Bier? Ich werde einfach munter und schlafe bis 4 auch nicht mehr richtig ein. Vielleicht geht auch eine Wasserader unterm Haus lang.

Fazit des Tages: Guter Schlaf ist Gold wert.